Fokine - seine Kunst

Bruch mit alten Ballett-Traditionen

Michel FokineMichel Fokine war die Ansicht, dass die ganzen bisherigen Choreographien zu seiner Zeit bedeutungslos waren. Es fehlte ihm ein Zusammenhang zwischen den Schritten, den Tänzern und der Handlung. Es gab keinen bedeutungsvollen Ausdruck und keine Anknüpfung zur Musik. Statt einer Mischung aus Mimik und Tanzeinlagen wollte er ein harmonisches Ganzes entstehen lassen, wo jede Bewegung, jeder Ton, jedes Bühnenbild und Kostüm Eins darstellten. Die Tänzer müssen ein inneres Gefühl entwickeln, die zu ihrem Charakter und zum Gesamtthema passt.

Theoretisch war diese Besonderheiten ja nichts neues - Jean-George Noverre hatte ähnliche Grundregeln für die Ballett schon 1760 in seinem Buch "Lettres sur la Danse et les Ballets" niedergeschrieben. Doch dies war seit langem schon wieder vergessen. Das Ballett in Russland und vor allem auch in Europa entwickelte sich nicht weiter.

Fokine ließ sich, genau wie Isadora Duncan, die 1904 auch nach Russland kam, von Griechenland inspirieren. Auch er studierte die Gemälde und Kulturen Griechenlands und aus Ägypten und bekam dadurch viele Ideen für seine Tänze. Isadora Duncan hatte großen Einfluss auf ihm und obwohl sie beide den Tanz revolutionieren wollten, unterschieden sich ihre Vorhaben. Duncan wollte den klassischen Tanz durch ihren eigenen ersetzen doch Fokine wollte das klassische Ballett weiterentwickeln und ihn von den alten Traditionen lösen.

Die erste Möglichkeit seine Ideen in Russland aufzuführen, bekam Fokine 1904 mit dem dramatischen Werk Acis and Galatea. In Eunice, einem ägyptisch-griechisches Werk, tauchen die Tänzer mit Trikots und bemalten Füßen auf - barfuß durften sie noch nicht tanzen. Die Choreographie unterschied sich sehr von der des gewöhnlichen Balletts. Sie enthielt weder Pirouette und Entrechats (ein Ballett-Sprung) - etwas was sonst zu den grundlegenden Ballettschritten jeder Ballettchoreographie gehörte.

Er choreographiert Der sterbende Schwan, ein Tanz-Solo für Anna Pavlova mit ganz anderer Armführung und Ausdruck. In Le Pavillon D`armide arbeitete er zusammen mit dem Maler Alexander Benois, der die Szenografie machte.
 

Eine authentische Geschichte

Für Fokine bedeutete Tanz, zu begreifen, wie man ein glaubwürdiges Märchen erzählt. Alle Tänzer waren dafür gleich bedeutungsvoll. Die Hauptaufgabe der Lehrer war die Tänzer darauf vorzubereiten, das richtige Gefühl im richtigen Moment auszudrücken um die glaubwürdige Stimmung zu erzeugen. Der Tanz besteht aus Gesten. Jede Bewegung hat einen Ausdruck. Beim Einstudieren eines Werkes lies Fokine daher die Tänzer ihre Rollen analysieren, damit die Rollen echt wirkten. Das ist ein starker Unterschied zu Gymnastik oder Akrobatik – etwas was Fokine eben nicht wollte. Eine Bewegung ohne Gefühl und Bedeutung ist für Fokine wertlos.

Fokine experimentiere mit freien Arm- und Torso-Bewegungen und wollte einen authentischen Ausdruck der Tänzer erzeugen. Er schaffte die Spitzenschuhe ab und lies die Tänzer stattdessen barfuß tanzen. Statt Tutus ließ er Kostüme nähen, die das Thema und den Charakter der Tänzer verstärkten. Die Kostüme sollten mit der Stil und der Zeit des dargestellten Balletts übereinstimmen - auch ein wesentlicher Unterschied zu Isadora Duncan, die immer nur in ihrer griechische Tunika tanzte.

Bewegung und Musik sollten ein Zusammenspiel darstellen. Die Übungen in Form von Schritten und Gesten, sollten zu der Musik passen, weshalb es so wichtig war, dass Musiker und Choreographen zusammen arbeiteten, bei der Erschaffung eines Werkes. All seine neuen Ideen fasste Fokine später in 5 Prinzipen zusammen.

Ballett-Geschichte
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